An unserem Schlafplatz auf knapp 3.800 Metern Höhe am Fuße des Cotopaxi-Vulkans war es wieder sehr nebelig. Da man keine 100 Meter sehen konnte, war dementsprechend der Volcan Cotopaxi wieder nicht zu sehen. Nach dem Frühstück erwarten uns dann knapp zwei Stunden Fahrt bis zur Hauptstadt Ecuadors. Der Verkehr war lange angenehm ruhig – erst auf den letzten vier Kilometern wurde es zäh.
In Quito steuerten wir einen bewachten Parkplatz im Parque La Carolina an. Dies ist ein 1,5 km langer und 500 Meter breiter sehr schöner Stadtpark. Tagsüber über können wir dort für einen fairen Preis parken und nachts sicher dort schlafen.

Von dort ging es mit dem Bus ins historische Zentrum zur Free Walking Tour, die an der Basílica del Voto Nacional startete. Eine der größten neugotischen Kirchen Südamerikas, noch immer unvollendet – zumindest symbolisch, denn es heißt, sie würde einstürzen, wenn sie wirklich fertiggestellt würde. Wir erfuhren, wie die katholische Kirche einst über mächtige politische Einflussnahme verfügte (daher auch der Name der Basílica), diesen jedoch mit der Zeit verlor. Ein besonderer Aspekt: Beim Besuch von Papst Johannes Paul II. wurde der Bau durch eine jüdische Spende vorangetrieben – daher findet sich als architektonische Besonderheit ein Davidstern in der Fassade.


Weiter ging es zur Huma Chocolate and Coffee Experience – die erste Schokoladenverkostung des Tages. Hier lernten wir, dass der Begriff „Arriba“ auf hochwertige, sortenreine ecuadorianische Kakaobohnen hinweist, die für ihren floralen Geschmack bekannt sind. Ein düsteres Kapitel der Geschichte wurde ebenfalls angesprochen: Früher druckten einige Kakaoplantagen ihr eigenes Geld, um Arbeiter in eine Art Abhängigkeitsverhältnis zu zwingen.
Im angrenzenden Souvenirshop bekamen wir weitere kulturelle und historische Einblicke – zum Beispiel zur „Palm Ivory“, dem pflanzlichen Ersatz für Elfenbein, der aus dem Samen der Steinnusspalme gewonnen wird und lange Zeit für Knöpfe und Schmuck verwendet wurde.
Wir liefen entlang der Calle Venezuela und tauchten in die Geschichte von Gran Colombia ein – einem kurzen Zusammenschluss der heutigen Staaten Venezuela, Kolumbien und Ecuador, der nach der Unabhängigkeit von Spanien acht Jahre Bestand hatte.

Im Palacio Arzobispal erwartete uns ein weiteres kleines Tasting – diesmal Süßigkeiten. Durch das extrem viele Zuckerrohr in Ecuador hat sich hier eine ausgeprägte Kultur der Süßwaren entwickelt, was sich in der Vielfalt der angebotenen Leckereien widerspiegelt.

Am Plaza Grande, auch Plaza de la Independencia genannt, hörten wir von den zwei Unabhängigkeitsbewegungen: 1809 ein erster Versuch, der von den Spaniern ein Jahr später blutig niedergeschlagen wurde. 1820 dann die erfolgreiche Revolution, die zur Gründung der Republik führte.

Wir besichtigten die Iglesia El Sagrario mit kunstvoll vergoldetem Altar. Gleich danach ging es weiter zur berühmten Iglesia de la Compañía de Jesús, bekannt als „die goldene Kirche“. Die Fassade ist bereits beeindruckend, doch das eigentliche Highlight soll das vollständig mit Blattgold verzierte Innere sein – leider war während der Führung keine Zeit für einen Besuch der Kirche.


Direkt nebenan befindet sich das ehemalige Gebäude der Banco Central del Ecuador. Hier wurde einst der Sucre gedruckt – die ehemalige Landeswährung Ecuadors. In den späten 1970er-Jahren führten unter anderem fallende Rohstoffpreise, strukturelle Probleme und politische Instabilität zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die sich in den 1990er-Jahren in einer schweren Bankenkrise und Hyperinflation zuspitzten. 1999 entschied sich die ecuadorianische Regierung unter Präsident Jamil Mahuad zur Dollarisierung der Wirtschaft. Der US-Dollar wurde 2000 offiziell als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt. Gerüchte, dass im Gegenzug US-amerikanische Unternehmen Öl im Amazonas fördern durften oder eine Militärbasis auf den Galápagos-Inseln errichten konnten, lassen sich historisch nicht eindeutig belegen. Zwar gab es eine US-Militärpräsenz auf den Galápagos-Inseln während des Zweiten Weltkriegs und US-Ölinteressen im ecuadorianischen Amazonas, ein direkter Zusammenhang mit der Dollarisierung ist jedoch umstritten. Die Galápagos-Inseln stehen heute unter strengem Schutz.
Zum Abschluss der Tour besuchten wir Yumbos Chocolate, wo wir verschiedene Sorten, darunter eine mit 100% Kakoa probierten. Der Begriff „Schokolade“ entstand vermutlich durch ein Missverständnis. Als die Spanier im 16. Jahrhundert mit den indigenen Kulturen Mesoamerikas in Kontakt kamen, übernahmen sie Wörter wie „xocolatl“ aus dem Nahuatl (der Sprache der Azteken), das sinngemäß „bitteres Wasser“ bedeutet. Dabei vermischten sie verschiedene indigene Begriffe – unter anderem „xocolatl“ (Bitterwasser) und möglicherweise „cacahuatl“ (Kakaowasser) – zu dem neuen Wort „chocolate“.
Anschließend kam der gemütliche Teil des Tages. Erst ein Bier in einer lokalen Mikrobrauerei, dann ein lange ersehntes Abendessen: Hot Pot bei einem chinesischen Restaurant. Zum Abschluss gab’s noch ein Craft-Bier und Livemusik (Salsa) im La Oficina Brewpub.



0 Kommentare