In der Hoffnung, dass es doch ein späteres Boot geben könnte, lief ich am Morgen noch schnell zum Muelle de la Bodeguita, dem Hafen, von dem die Boote zur Isla Grande ablegen. Doch es stellte sich rasch heraus, dass es nur Abfahrten gegen 9:00 Uhr gibt. Also ging es zurück zum Hostel, wo wir unsere großen Rucksäcke im Gepäckraum verstauten, schnell frühstückten und anschließend mit leichtem Gepäck zügig zurück zum Pier liefen. Dort mussten wir noch eine Weile in der brütenden Hitze ausharren, und dann ging es mit dem Schnellboot in Richtung des Parque Nacional Natural Corales del Rosario y de San Bernardo, wo wir die Isla Grande ansteuerten.



Der Parque Nacional Natural Corales del Rosario y de San Bernardo gehört zu den wichtigsten Meeresschutzgebieten Kolumbiens. Er umfasst über 40 Inseln sowie große Flächen mit Korallenriffen, Mangrovenwäldern und Seegraswiesen. Die meisten Inseln – darunter auch die Isla Grande – liegen auf alten Riffplattformen, die sich über lange Zeit aus kalkhaltigen Ablagerungen gebildet haben. Im Kern bestehen sie aus biogenen Kalksedimenten, etwa von abgestorbenen Korallen und Schalentieren, die sich im Laufe der Jahrtausende zu festen Strukturen verfestigt haben. Rund um die Inseln gibt es noch aktive Korallenriffe, die Lebensraum für zahlreiche tropische Fische, Meeresschildkröten, Seeigel und viele weitere Arten bieten. Viele dieser Riffe sind jedoch bereits geschädigt oder bedroht – durch steigende Wassertemperaturen, Umweltverschmutzung, mechanische Belastung durch Boote und Anker sowie die Auswirkungen des Klimawandels.
Angekommen bei der Insel fuhr das Boot die verschiedenen Anlegestellen der Hotels ab und setzte die Gäste – je nach Zahlungskräftigkeit – bei mehr oder weniger schönen Unterkünften ab. Irgendwann waren auch wir an der Reihe. Unser Hotel bot eine schöne Terrasse direkt am Wasser, glänzte aber weder durch besonderen baulichen Zustand noch durch übermäßige Sauberkeit. Dafür hatten wir jederzeit Zugang zum angenehm warmen Meer, in das wir immer wieder hineinsprangen. Kurz nach uns kam auch Lena aus Düsseldorf an – mit ihr verbrachten wir gemeinsam den restlichen Tag.


Am Nachmittag nahmen wir an einer vom Hotel organisierten Bootstour rund um die Insel teil. Dabei fuhren wir unter anderem an der verfallenen Mansión de Pablo Escobar vorbei – einem halb zerfallenen Gebäudekomplex mitten im Dickicht, dessen Wände längst von Pflanzen überwuchert sind. Ob die Villa tatsächlich Escobar gehörte, ist bis heute umstritten. Wahrscheinlich war sie ursprünglich als luxuriöses Hotel geplant, das jedoch nie fertiggestellt wurde. Heute liegt die Anlage verlassen da – ein Relikt mit vielen Geschichten, irgendwo zwischen Fakt und Legende.

Etwas später legten wir an einer kleinen Bar auf einer winzigen Insel an – hübsch gelegen, aber mit den bisher höchsten Cocktailpreisen unserer Reise. Danach hielten wir noch an einem Strand, wo wir ein weiteres Mal ins warme Karibikmeer eintauchten, bevor wir die Rundfahrt um die Insel beendeten und zur Unterkunft zurückkehrten.

Dort hatten wir viel Zeit zum Entspannen und beobachteten den Sonnenuntergang. Nach dem Abendessen fuhren wir mit dem Boot zur Laguna Escondida, welche in einem Mangrovenwald liegt. Dort schwimmten wir mit biolumineszenten Einzellern, sogenannten Dinoflagellaten. Diese winzigen Algen erzeugen Licht durch eine chemische Reaktion, bei der das Enzym Luciferase ein Molekül namens Luciferin oxidiert. Die Folge ist ein grünes bis blaues Leuchten, das vor allem bei Bewegung des Wassers sichtbar wird (siehe Wikipedia).

Dieses Phänomen dient den Organismen vermutlich als Abwehrmechanismus gegen Fressfeinde. Besonders eindrucksvoll ist, dass man die Leuchterscheinungen unter Wasser nicht nur sehen, sondern auch hören kann: Ein leises, elektrisches Knistern oder Knacken. Da an dem Abend ein heller Halbmond schien, war der Effekt weniger intensiv als wir ihn erhofft hatten, aber dennoch beeindruckend. Auf unserer Mexiko-Reise 2022 hatten wir ein ähnliches Erlebnis auf der Insel Holbox (siehe hier). Dort reichte es, vom Ufer aus mit der Hand durchs Wasser zu streifen, um das Leuchten auszulösen.
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