Um 7:30 Uhr starteten wir mit einem der typischen Jeeps ins Cocora-Tal, wo wir nach etwa 30 Minuten Fahrt ankamen. Wir hatten uns im Vorfeld schlau gemacht, dass man ohne offiziellen Guide lediglich eine rund 10 Kilometer lange Rundwanderung am Rand des Nationalparks Los Nevados unternehmen darf. Für weiterführende Routen in den eigentlichen Nationalpark besteht eine Guide-Pflicht. Offiziell wird diese Regelung mit dem Schutz des sensiblen Naturraums und der Sicherheit der Wanderer begründet. Es liegt jedoch der Verdacht nahe, dass die Pflicht vor allem auch dazu dient, lokale Arbeitsplätze als Wanderführer zu schaffen und eine zusätzliche Einnahmequelle für die Region zu sichern.

Es war zum Glück trocken, als wir die Wanderung starteten. Es gab aber viele Wolken, die nach unserem Geschmack, viel zu tief hingen. Der erste Abschnitt führte ersteinmal ein wenig nach oben, wo wir etliche der Wachspalmen bewundern durften. Diese gelten als das Wahrzeichen der Region und sind eine der Hauptattraktionen für Touristen. Die Wachspalme (Ceroxylon quindiuense) ist Kolumbiens Nationalbaum und zugleich die höchste Palmenart der Welt. Sie erreicht Wuchshöhen von bis zu 60 Metern und gedeiht in Höhenlagen zwischen 1.800 und 3.000 Metern. Charakteristisch ist ihr glatter, grauer Stamm mit einer wachsartigen Beschichtung, die ihr den Namen verleiht. In der Vergangenheit wurde dieses Wachs zur Herstellung von Kerzen genutzt – heute steht die Art unter strengem Schutz, da ihr Bestand lange durch Abholzung gefährdet war.

Obwohl es während der gesamten Wanderung trocken blieb, waren die Sichtverhältnisse aufgrund dichter, tiefhängender Wolken stark eingeschränkt. Je höher wir kamen, desto mehr nahm der Nebel zu. Die Aussichtspunkte, von denen man bei klarem Wetter beeindruckende Panoramablicke erwartet, boten heute kaum mehr als silbergraue Konturen und die schattenhaften Umrisse der Palmen.

Der Weg führte anschließend in einem weiten Bogen bergab durch dichten Nebelwald in ein kleines Flusstal. Dort querten wir mehrfach wackelige Hängebrücken, welche einfache Konstruktionen aus Holzplanken und Drahtseilen sind, aber schon ein wenig in die Jahre gekommen war. Der Weg durch den Dschungel war angenehm zu gehen und landschaftlich ganz nett.


Kurz vor zwölf Uhr erreichten wir wieder den Ausgangspunkt, wo bereits Jeeps bereitstanden, um uns und andere Wanderer zurück nach Salento zu bringen.
Zurück im Hostel aßen wir unser Vesper, das eigentlich als Proviant für unterwegs gedacht war. Der Nachmittag war dann etwas gemütlicher: Kaffee und Kuchen in einem der Cafés im Ort, danach ein kurzer Besuch beim Friseur. Dann gab es im Hostel noch ein kleines Frucht-Tasting, wo wir Lulo, Tomate de Árbol und Mango bekamen.
Zum Abendessen gingen wir mit Lena – die den Nachtbus genau einen Tag später nahm – und einem anderen Deutschen zu einem schicken asiatischen Restaurant. Danach sahen wir im Hostel noch die zweite Halbzeit des WM-Qualifikationsspiels Argentinien gegen Kolumbien an. Anschließend zogen wir mit drei weiteren Reisenden weiter in die Spielhalle Los Amigos, um Tejo zu spielen – ein traditionelles kolumbianisches Wurfspiel, das besonders in geselliger Runde beliebt ist. Dabei wirft man metallschwere Scheiben (die sogenannten Tejos) auf eine schräge Lehmfläche, in deren Mitte ein Metallring liegt. Auf dem Ring sind kleine, mit Schießpulver gefüllte Papierdreiecke platziert (Mechas), die mit einem Knall explodieren, wenn sie getroffen werden. Ziel ist es, möglichst nah am Ring zu landen oder eine Mecha zu treffen. Gemäß der lokalen Tradition kombiniert man das Spiel am besten mit kaltem Bier.


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