Unser Tag in Cali begann mit einer Foodtour durch das Viertel Alameda. Treffpunkt war der Parque Alameda, ein kleiner Stadtpark unweit der gleichnamigen Markthalle. Unser Guide traf mit leichter Verspätung ein – gemeinsam mit einem Schweizer Mitreisenden warteten wir zunächst rund 15 Minuten. Kurz darauf stieß noch ein US-Amerikaner zu unserer kleinen Gruppe, und die Tour konnte beginnen.

Erster Halt war eine Bäckerei an einer Straßenecke, die Panadería Alameda. Hier probierten wir drei typische Snacks, die in Kolumbien vor allem zum Frühstück beliebt sind:

  • Buñuelo – ein frittierter Käseball, außen knusprig, innen weich und leicht salzig.
  • Pan de Bono – ein kleines, rundes Käsebrot aus Maniokmehl und Käse, das angeblich einmal als zweitbestes Brot der Welt ausgezeichnet wurde.
  • Aborrajado – reife Kochbanane, mit Käse gefüllt und frittiert. Die Kombination aus süßer Frucht und salzigem Käse ist typisch für viele kolumbianische Gerichte.
Pan de Bono (links oben), Buñuelo (rechts), Aborrajado (links unten)

Nur ein paar Meter weiter probierten wir an einem einfachen Straßenstand zwei weitere Spezialitäten:

  • Borojo-Saft, gemixt mit Milch, dem eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt wird.
  • Chontaduro, eine gekochte Palmenfrucht mit mehliger Konsistenz, wird mit Salz oder Honig gegessen.
Chontaduro
Geschälte Chontaduro mit Honig und Salz

Beim Stand direkt daneben probierten wir noch Rambutans – die tropische Frucht mit dem haarigen Äußeren und süßem, weißem Fruchtfleisch.

Rambutans

Anschließend ging es in die größte Markthalle von Cali, dem Plaza de Mercado Alameda. Überraschenderweise war das die Markthalle, die uns ins Südamerika bisher am besten gefallen. Alles sehr ordentlich und sauber, nicht zu viele Menschen und nicht zu laut.

Eingang zum Plaza de Mercado Alameda
Obststand in der Markthalle

In der Obstabteilung konnten wir eine Vielzahl tropischer Früchte probieren, darunter viele, die in Europa kaum erhältlich sind. Viele waren erfrischend sauer, manche aber auch schön süß. Der Guide suchte die Früchte aus und die Verkäuferin schnitt uns alles auf.

Tomate de Arbol 
Lulu
Curuba
Rosa Guava
Aufgeschnittene rosa Guava
Weiße Guava
Maracuja
Verzehrbereite Maracuja
Granadilla – ähnlich wie Maracuja, aber süß
Geöffnete Granadilla
Pitahaya amarilla – die gelbe Variante der Drachenfrucht
Carambola / Sternfrucht

In der Markthalle ging es weiter zu einem Kokosstand. Dort probierten wir Cocada – eine feste, süße Masse aus geraspelter Kokosnuss und Panela (ungeklärter Rohrzucker) – und frisches Kokoswasser, direkt aus der Nuss. Beeindruckend war die Präzision, mit der die Verkäufer die Kokosnüsse mit Macheten bearbeiteten: In wenigen geübten Handgriffen entfernten sie die komplette braune Schale, bis nur noch das weiße, weiche Fruchtfleisch übrig blieb.

Schälen der Kokosnuss

Danach folgte eine herzhafte Stärkung: Tamales – in Bananenblätter gewickelte Portionen aus gewürztem Maisteig, gefüllt mit Fleisch und Ei. In Cali gehören sie zu den beliebtesten traditionellen Gerichten. Und auch damals in Bogota hatten wir Tamales schon probiert.

Ungekochte Tamales

Zum Abschluss ging es in das Restaurant Artesanías La Caleñita, welches direkt gegenüber der Markthalle ist. Dort wurden uns drei typische Getränke serviert:

  • Champús – ein dickflüssiges, gelbes Getränk aus Mais, Lulo, Panela und Gewürzen. Enthält Fruchtstücke, weshalb man es nicht nur trinkt, sondern auch kaut.
  • Lulada – grüner, leicht dickflüssiger Saft aus zerdrückter Lulo, Limette, Zucker und Eis.
  • Tumbacatre mit Viche – ein hochprozentiger Zuckerrohrschnaps, dem Kräuter zugesetzt sind. Serviert als kleiner Shot.
Champús (links) und Lulada (rechts)

Nachdem unsere Foodtour mit 20-minütiger Verspätung begann, endete sie auch entsprechend später und von der eigentlich geplanten Mittagspause blieben uns nur etwa 60 Minuten. Trotzdem wollten wir noch schnell bei La Linterna vorbeischauen, einer Druckerei, die mit alten Bleisatzmaschinen und Holzlettern kunstvolle Poster im Retro-Stil herstellt.

Druckerei La Linterna

Nach der dann sehr kurzen Pause startete dann die zweite Stadtführung des Tages, diesmal mit historischem Fokus. Treffpunkt war die Iglesia La Merced, die als älteste Kirche der Stadt gilt. Heute ist sie besonders als Hochzeitskirche beliebt, was sich in dem äußert hohen Preis für eine Trauung widerspiegelen würde. Die Stadt Cali wurde 1536 gegründet und ist die dritt älteste spanische Stadt im heutigen Kolumbien nach Santa Marta und Cartagena. Cali liegt am bedeutenden Río Cauca und wird aufgrund ihrer sieben Flüsse oft als „Ciudad de los Ríos“ bezeichnet.

Iglesia La Merced

Im Anschluss schauten wir in ein restauriertes Kolonialhaus, in dem der uns wohl bekannte Unabhängigkeitskämpfer Simón Bolívar während seiner Reisen für insgesamt 27 Nächte gewohnt haben soll.

Blick in Innenhof von Kolonialhaus

Anschließend besuchten wir das Museo del Oro Calima, das sich der präkolumbianischen Calima-Kultur widmet. Die Ausstellung gliedert sich in drei Hauptphasen:

  • Ilama-Phase (ca. 1500 v. Chr. – 0): Gold wurde nicht nur als Schmuck, sondern auch im Alltag verwendet – etwa von Fischhändlern zum Angeln. Masken aus Gold symbolisierten die Nähe zur Sonne.
  • Yotoco-Phase (ca. 0 – 700 n. Chr.): Die Goldobjekte dieser Zeit zeichnen sich durch besonders filigrane Verarbeitung aus. Die Herstellung erfolgte mit der Technik der „verlorenen Wachsform“ (fundición a la cera perdida): Ein Objekt wird zunächst aus Wachs modelliert, dann mit Lehm überzogen. Beim Erhitzen schmilzt das Wachs und hinterlässt eine Hohlform, die mit flüssigem Gold ausgegossen wird. Nach dem Erkalten wird der Lehm entfernt – übrig bleibt eine detailreiche Goldfigur.
  • Sonso-Phase (ca. 700 – 1200 n. Chr.): Die Arbeiten wurden schlichter, möglicherweise auch als Folge zunehmender Konflikte. Anfang des 16. Jahrhunderts erreichten dann die Spanier die Region und trafen auf eine durch interne Auseinandersetzungen geschwächte indigene Bevölkerung – was ihnen die Eroberung erleichterte.
Museo del Oro Calima
Filigrane Goldfigur aus der Yotoco-Phase

Weiter ging es zur Iglesia de San Francisco, einer Kirche mit einem interessanten Detail: Sie wurde – so die Erzählung – von einem muslimischen Architekten entworfen, der zum Katholizismus konvertierte, um eine Frau aus Cali heiraten zu dürfen. Ob diese Geschichte historisch belegt ist, bleibt offen.

Iglesia de San Francisco

Ein weiterer Teil der Tour widmete sich der Drogenvergangenheit Calis. Neben dem Medellín-Kartell existierte in den 1980er-Jahren auch ein mächtiges Kartell in Cali, geführt von den Brüdern Gilberto und Miguel Rodríguez Orejuela. Als die kolumbianische Regierung ihnen mit Auslieferung in die USA drohte, reagierten sie mit Gewalt – unter anderem mit Anschlägen, bei denen zahlreiche Zivilist:innen ums Leben kamen. Die Brüder wurden in den 2000er-Jahren verhaftet und später ausgeliefert. Anders als Pablo Escobar strebten sie keine öffentliche Präsenz an, sondern agierten diskreter – mit starken Verbindungen zur Wirtschaft und Politik. Viele ihrer Unternehmen dienten als Fassade zur Geldwäsche. Trotz des gewaltsamen Erbes wird über diese Vergangenheit in Cali heute vergleichsweise wenig gesprochen – auch, weil man sich bewusst davon abgrenzen möchte.

Im Suma Café erklärte unser Guide die Besonderheiten des Salsa-Stils in Cali. Die Musik wird hier mit 45 statt 33 oder 30 Umdrehungen pro Minute abgespielt – was das Tempo deutlich erhöht. Der lokale Tanzstil kombiniert Elemente aus verschiedenen Salsa-Richtungen, ist besonders schnellfüßig und wird oft barfuß oder mit speziellen Schuhen getanzt. 2020 wurde die Salsa-Tradition in Cali von der UNESCO als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt – eine offizielle Würdigung für die musikalische und kulturelle Bedeutung der Stadt.

Vorbei ging es an der Calle 10, die freitagabends ab 18 Uhr für den Verkehr gesperrt wird, um Platz für eine riesige Salsa-Party zu schaffen. Der Guide sprach von bis zu 4.000 Menschen, die hier wöchentlich unter freiem Himmel tanzen. Leider reisen wir aber morgen früh (am Freitagmorgen) schon wieder zurück nach Ecuador, und werde das Spektakel also nicht mehr erleben.

Calle 10 – jeden Freitagabend eine riesige Salsa-Party

Ein zentraler Punkt der Stadt ist der Plaza de Cayzedo (auch Plaza de la Constitución) mit dem Palacio Nacional, einem Justizgebäude im neoklassizistischen Stil – umgeben von mächtigen Königspalmen.

Palácio Nacional am Plaza de Cayzedo

Danach ging es noch zur zur Iglesia La Ermita, eine neugotische Kirche mit auffallender Fassade. Angeblich diente das Ulmer Münster als Vorbild. Einer Legende zufolge wurde der Bau durch den Verkauf von Empanadas finanziert – eine charmante Anekdote, deren Wahrheitsgehalt fraglich bleibt.

Iglesia La Ermita
Brücke über den Rio Cali

Zum Abschluss erreichten wir das Kunstwerk La Trompeta de Niche – benannt nach der berühmten kolumbianischen Salsagruppe Grupo Niche. Aus dem Monument ertönt rund um die Uhr Salsa-Musik. Unweit des Kunstwerkes gab uns der Guide noch weitere Tipps zum Besuch von Cali und beendete die Tour.

La Trompeta de Niche

Zurück im Hostel ging es nahtlos weiter: Wie jeden Abend fand eine kostenlose Salsa-Stunde statt, an der wir erneut teilnahmen. Im Anschluss trafen wir uns mit einigen anderen Teilnehmern der Tanzstunde zu einem gemeinsamen Abendessen im Restaurante Valle Pacífico Ancestral. Ich nahm den Arroz Celestial de Mariscos – eine typische Reispfanne mit Meeresfrüchten, wie sie in der Küche der kolumbianischen Pazifikküste verbreitet ist. Das Gericht bestand aus einer Mischung verschiedener Meeresfrüchte, darunter Humerschwanz, Garnelen, Muscheln und Tintenfisch, die in einem kräftig gewürzten Sud mit Reis serviert wurden. Es war eines der besten Essen, die ich in Südamerika hatte.

Arroz Celestial de Mariscos im Restaurante Valle Pacífico Ancestral

Der Abend fand seinen Ausklang im La Topa Tolondra Nightclub, einem beliebten Salsa-Club in Cali. Hier wird die ganze Nacht durch Salsa getanzt. Ab Mitternacht trat eine Live-Band auf, die die Tanzfläche füllte und die authentische Salsa-Atmosphäre der Stadt lebendig werden ließ.

Orquesta la Fuga im La Topa Tolondra Nightclub
Kategorien: Panamericana

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