Da wir heute nicht nur die Ruinen von Caral anschauen wollten, sondern danach auch noch knapp 200 Kilometer nach Lima fahren mussten, wollten wir pünktlich zur Öffnung um 9:00 Uhr bei den Ruinen von Caral ankommen. Da aber von unserem Schlafplatz bis zu den Ruinen noch gut zwei Stunden zu fahren waren, klingelte der Wecker früh, und wir machten uns entsprechend zeitig auf den Weg. Der heutige Abschnitt der Panamericana war überraschend angenehm zu fahren – fast durchgehend eine zweispurige Autobahn ohne Schlaglöcher. So schlecht wie die Straßen in Peru sonst teilweise sind, zahlt man hier die Mautgebühren gerne. Etwa 20 Kilometer vor dem Ziel mussten wir die Panamericana verlassen und bogen ins Landesinnere in Richtung der Anden ab. Und auch hier war die Straße überraschend gut: eine perfekt präparierte Erdpiste, fast schon rennradtauglich. Erst ganz am Ende, drei Kilometer vor dem Ziel, wurde es deutlich holpriger.

Bachquerung kurz vor dem Ziel

Als wir auf dem Parkplatz ankamen, dachten wir, die ganze Anlage für uns allein zu haben – so still war es. Doch kurz darauf hallten plötzlich viele Kinderstimmen über das Gelände: Die Grundschule aus der heutigen Stadt Caral war ebenfalls auf Ausflug. Und das Spannendste für die Kinder war nicht die Ruinenstadt, sondern eindeutig wir – und vor allem Bernie. Jeder wollte in Bernie hineinschauen, und fast genauso wichtig war die Frage, wie alt wir eigentlich seien.

„Überfall“ durch eine Grundschule

Caral ist die älteste bekannte Stadtsiedlung Amerikas und liegt in der trockenen Wüste des Supe-Tals. Vor rund 5000 Jahren entstand hier eine komplexe Gesellschaft mit städtischen Strukturen – zeitgleich mit den Hochkulturen in Mesopotamien oder Ägypten. 2009 wurde die Anlage als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt – nicht nur wegen ihres Alters, sondern auch wegen ihrer herausragenden Bedeutung für das Verständnis früher Zivilisationen auf dem amerikanischen Kontinent. Anders als viele spätere Kulturen in den Anden war Caral keine Kriegs-, sondern eine Ritualgesellschaft: Es gibt keine Hinweise auf Waffen oder Befestigungen. Stattdessen dominieren Tempel, Altäre, Pyramiden und öffentliche Plätze das Stadtbild.

Wie auch gestern bei der Huaca de la Luna – der Tempelanlage nahe Trujillo – war der Besuch nur mit Guide möglich. Eine freundliche Dame begleitete uns auf dem Rundgang und erklärte uns auf Spanisch die wichtigsten Gebäude.

Als Erstes kamen wir am Altar del Fuego Sagrado vorbei. Hier entdeckten Archäologen ein ausgeklügeltes System von Luftkanälen, das den Luftstrom so leitete, dass das Feuer besonders heiß brennen konnte. Die Anordnung und Form der Kanäle erzeugten einen sogenannten Venturi-Effekt, der den Luftstrom beschleunigte und so das Feuer anfachte – mit dem Ziel, besonders hohe Temperaturen zu erreichen, möglicherweise zur vollständigen Verbrennung oder sogar zur Inzineration organischer Materialien. In Europa wurde dieser physikalische Effekt übrigens erst im 18. Jahrhundert beschrieben.

Caral: Altar del Fuego Sagrado

Wenig später erreichten wir das Templo del Anfiteatro, einen kreisförmigen Zeremonialbau mit zentraler Feuerstelle.

Caral: Templo del Anfiteatro

Anschließend kamen wir an Wohnkomplexen vorbei: das auffällige Residencial de Élite, vermutlich bewohnt von Mitgliedern der Oberschicht, sowie das Subconjunto Residencial, das eher einfacheren Schichten zugeordnet wird. In der Elitesiedlung fand man unter anderem Musikinstrumente und exotische Pflanzenreste – Zeichen eines privilegierten Lebensstils.

Caral: Archäologische Arbeiten im Subconjunto Residencial

Und dann ging es zu den Pyramiden. Die größte von ihnen, das Edificio Piramidal Mayor, erhebt sich mächtig über das Gelände. Ihre Stufen lassen sich noch gut erkennen, auch wenn Wind und Zeit an den Lehmziegeln genagt haben.

Caral: Edificio Piramidal Central (nicht ganz sicher)
Caral: Edificio Piramidal Mayor
Caral: Edificio Piramidal La Galería
Caral: Edificio Piramidal La Huanca

Von Caral aus waren es dann nochmal gut 200 Kilometer bis Lima. Die Straße war größtenteils gut, aber die Landschaft blieb – wie schon weiter nördlich – eher trist und trüb: trockene Wüste, staubige Hügel, kaum Abwechslung. Rund 50 Kilometer vor Lima wurde es dann deutlich anstrengender: viel mehr Autos, dichterer Verkehr, und unser Eindruck war, dass Peruaner im Straßenverkehr jeden Zentimeter für sich selbst beanspruchen – aber anderen nur ungern auch nur einen Zentimeter Platz lassen.

In Lima steuerten wir den Club Germania an und waren froh, als wir dort gegen 16 Uhr ankamen. Wohnmobile mit deutschen Kennzeichen dürfen hier kostenlos parken und übernachten. Mit „Germania“ hat der Club allerdings wenig zu tun – er wirkt eher wie ein gut ausgestatteter Sport- und Freizeitclub für die wohlhabendere Bevölkerung Limas, mit Schwimmbad, Tennis- und Fußballplätzen, Fitnessstudio und Café.

Wir machten erstmal eine Pause mit Kaffee und Kuchen. Und später gingen wir dann nochmal los, zu einem koreanischen Restaurant in der Nähe.

Kategorien: Panamericana

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